War Horse

12 02 2012

Bildgewaltiges Epos, dass Spielberg-typische Schwächen offenbart

Steven Spielbergs Stellenwert ist in Hollywood wohl einzigartig. Es gibt kaum einen Regisseur, der so angesehen ist, und gleichzeitig so starker Kritik ausgesetzt wird. Spielberg ist einer der bekanntesten, erfolgreichsten und fähigsten Regisseure unserer Zeit. Trotzdem zeigt er in seinen Arbeiten immer wieder Eigenheiten, die bei der Kritik nicht sonderlich ankommen. Einen perfekten Film dreht Spielberg selten. Zu naiv ist dafür seine Weltanschauung und zu manipulativ seine Herangehensweise. In „War Horse“ werden all seine Stärken aber auch Schwächen deutlich. Spielberg gelingen mit seinem Filmteam einige wunderschöne Momente, die jedoch immer wieder in konstruierten Kitsch mit viel Übertreibung münden. „War Horse“ ist ein Erlebnis, kann aber nicht vollends überzeugen.

Albert ist der Sohn eines trinkenden Farmers und Kriegsveteranen Per Zufall kommt er in den Besitz des Pferde Johnny, dass er gegen alle Widerstände dressiert. Als der Krieg ausbricht, muss sein Vater das Pferd jedoch verkaufen. Während Albert daheim bleibt, wechselt sein Pferd einige Besitzer und erlebt die unterschiedlichen Seiten des Krieges. Währenddessen wartet Albert zu Hause auf Nachricht von seinem Pferd.

Spielberg erzählt die fast schon episodenhafte Geschichte aus der Sicht des Tieres und es ist bemerkenswert, dass der Film mit seiner kapitelartigen Struktur und seiner ungewohnten Perspektive nicht an der Handlung zerbricht, sondern den Zuschauer für diese begeistert. Die einzelnen Personen und Geschichten schaffen es in wenigen Momenten interessant zu werden und fesseln ohne wirkliche Längen über die gesamte Laufzeit. Der Film gibt dabei unterschiedliche Einblicke in das Kriegsgeschehen: Zivilisten wie Soldaten, Engländer wie Deutsche haben zentrale Rollen, die zusammen wie ein Mosaik ein Bild des Krieges ergeben. Doch selbst in den fulminantesten Kampfszenen bleibt der Film immer eine fast freundliche Angelegenheit. Trotz all dem Drama wirkt „War Horse“ bis auf wenige Szenen wie ein Familienfilm. Selbst in einem Kriegsfilm hat man nie das Gefühl, dass Spielberg an einem Happy-End vorbei arbeitet. Dem noch immer kindlichen Spielberg geht es nicht um tiefere Einblicke in das Kriegsgeschehen, sondern nur um Gefühle. Der Film ist, wie viele Werke des Regisseurs, recht simpel, doch es gibt wohl kaum jemanden, der die Emotionen des Zuschauers so kontrollieren kann wie Spielberg. Er reißt den Zuschauer mit, schafft es in wenigen Sekunden Sympathie für Mensch und Tier aufzubauen, und für deren Schicksal Begeisterung aufzubringen. Das ist sicherlich manipulativ, und beizeiten etwas unrealistisch, aber eben ungemein effektiv. Das Team, dass seit Jahren mit Spielberg arbeitet ist komplett diesem Ziel untergeordnet. John Williams‘ Musik bietet die gewohnt sentimentalen Streicher, und Janusz Kaminski zaubert Bilder auf die Leinwand, die jedes für sich wie ein kleines Kunstwerk erscheinen. Sein Spiel mit Licht und Schatten und bunten Farben gibt dem Film eine besondere Optik, wenngleich einige Szenen schon zu künstlich wirken. In „War Horse“ übertreibt Spielberg mit seiner Art Geschichten zu erzählen allerdings zu oft. Natürlich soll der Film keinen Realismus bieten, sondern märchenhaft sein, doch die Handlung bewegt sich mehrmals auf zu unrealistischen Niveau. Die Dialoge und die Konfliktlösungen sind – vor allem gegen Ende des Films – nicht einfach nur kitschig, sonder fast schon grenzwärtig, so dass es schwer fällt diese noch ernst zu nehmen. In zahlreichen Szenen beschleicht einen das Gefühl, dass „weniger“ „mehr“ gewesen wäre.

„War Horse“ ist bei weitem kein schlechter Film, dafür sind die Macher allesamt zu fähig. Doch es ist diese übertriebene pathetische Ausrichtung, die dem Film einiges an Kraft nimmt. Spielberg ist und bleibt ein Regisseur, der bewegende Geschichten auf die Leinwand bringt. „War Horse“ wird niemanden kalt lassen oder langweilen (was bei 150 Minuten Länge nicht selbstverständlich ist). Doch man muss schon einiges an Kitsch ertragen um in dem Film mehr zu sehen als nur sehr gut gemachtes Gefühlskino.

Wertung 7/10


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