17.07.2011 – Nader und Simin

19 07 2011

Hervorragendes, spannendes Drama aus dem Iran

Um eine Trennung, wie es der Untertitel verheißt, geht es vordergründig gar nicht. „Nader und Simin“ ist über weite Strecken ein Justizdrama um den Konflikt zwischen zwei Familien. Die Trennung zwischen den beiden titelgebenden Charakteren vollzieht sich im Hintergrund. Sie ist der Stein, der die Geschichte ins Rollen bringt und bildet den Rahmen und die Ankerpunkte für die gesamte Handlung. „Nader und Simin“ verbindet die verschiedenen Ebenen der Geschichte mit solch einer Eleganz und emotionaler Wucht, dass der Film ein absolutes Highlight ist.

Nader und Simin sind seit 14 Jahren verheiratet, doch Simin möchte zusammen mit Ihrer Tochter das Land verlassen. Da ihr Mann seinen an Alzheimer erkrankten Vater nicht allein lassen möchte, weigert er sich mitzukommen und Simin reicht die Scheidung ein. Nader stellt  daraufhin Razieh ein, die sich um ihren Vater kümmern soll. Als Razieh, die mit einem jähzornigen Ehemann und Geldproblemen zu kämpfen hat, einen Fehler begeht, entwickelt sich zwischen ihr und Nader eine folgenschwere Handgreiflichkeit, die zu einer Fehlgeburt bei der Pflegerin führt. Razieh und ihr Mann ziehen vor Gericht gegen Nader. Simin versucht ihrem Mann zur Seite zu stehen, doch sowohl zwischen dem Ehepaar als auch zwischen den beiden Familien entwickeln sich einige Konflikte.

Der bei der Berlinale mit dem goldenen Bären ausgezeichnete Film benötigt keinerlei übertriebene Mittel um die Handlung zu erzählen. Es gibt keine wilden Kamerafahrten, keine emotionale Musik, keine übertriebenen Wendungen. Der iranische Regisseur Asghar Farhadi verlässt sich auf die Darsteller und die Spannungen zwischen den beteiligten Personen. Minutenlang bleibt er mit nahen Einstellungen auf den Charakteren und zeigt deren Emotionen – ihre Ausraster, ihre Trauer und ihre Resignation. Für Zuschauer, die eher „aufgeblasene“ Dramen aus Hollywood gewohnt sind mag das zu Beginn unspektakulär erscheinen, aber „Nader uns Simin“ fesselt mit einer emotionalen Brisanz die man selten im Kino sieht. Die Stimmung der Bilder und die gesprochenen Dialogen passen zu jeder Zeit – nichts wirkt aufgesetzt. Dabei schafft es das Drehbuch, sich einerseits auf die zentralen Personen und Handlungsstränge zu konzentrieren, aber gleichzeitig, und ohne gezwungen zu wirken, ein beeindruckendes Bild sozialer Unterschiede und Probleme zu zeigen. Gerade als westlicher Zuschauer bekommt man einen Einblick in Justiz, Geschlechterrollen, Erziehung und soziale Stellung einer anderen Kultur. Das Ganze geschieht nebenbei, ohne künstlich in die Handlung gepresst zu werden. Spätestens in der zweiten Hälfte des Films, haben einen die gut gezeichneten Charaktere und die Handlung komplett gefesselt, so dass man nicht anders kann, als gebannt auf die Leinwand zu starren und zu sehen wie die Geschichte weiter verläuft. Lange bleibt unklar, in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt. Am Ende wird es eine Auflösung geben, doch jeder muss selber entscheiden ob es ein gutes oder ein tragisches Ende für die Hauptpersonen ist.

„Nader und Simin“ ist ein Juwel, das man entdecken sollte. Es gibt, außer der für viele wohl ungewohnten Inszenierung, kaum etwas dass man an dem Film kritisieren kann. Der Film ist durchgehend spannend  gefilmt und keine Einstellung scheint zu stören. Ein kleines Meisterwerk.

Wertung 9/10


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18 01 2012

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