Marcy Martha May Marlene

11 04 2012

Außergewöhnlicher Film über Schein und Sein

Ziel des Films sei es, sich wie die Hauptrolle zu fühlen. Beobachtet, unsicher, verlassen. „Martha Marcy May Marlene“ ist ein Film, der einen mit einer unglaublichen Wucht mitreißt und durch die Darsteller und die Inszenierung an den Gefühlen teilhaben lässt. Mit seiner Herangehensweise wird der Film allerdings gerade am Schluss die Zuschauer spalten. Dieser ist jedoch der einzige  Streitpunkt eines ansonsten perfekten Films.

Martha (Elisabeth Olson) meldet sich nach einigen Jahren und hörbar verwirrt wieder bei ihren Verwandten. Das verstörte Mädchen wird von ihrer Schwester und deren Ehemann aufgenommen, ohne dass diese wissen was Martha widerfahren ist. Martha, die die vergangenen Jahre in einer Sekte verbracht hat, erlebt jedoch selber, wie Ihre Vergangenheit sie nicht loslässt. Sie findet sich im normalen Leben kaum zurecht, und immer wieder beschleicht sie das Gefühl von der Sekte verfolgt zu werden. Doch weder ihr noch ihrer Schwester ist klar ob diese Ängste real oder nur Wahnvorstellungen sind.

„Martha Marcy May Marlene“ arbeitet mit zwei Zeitebenen. In der Gegenwart befindet sich Martha im scheinbar sicheren noblen Umfeld der Familie. Die Szenen aus der Vergangenheit beschreiben im starken Kontrast dazu ihr Leben als Marcy May in der Sekte und die Probleme die sie dadurch erleiden muss. Wie Regisseur Sean Durkin in seinem Debütfilm diese beiden Zeitebenen ohne harte Übergänge und ohne den Erzählfluss zu unterbrechen herüber bringt ist nicht nur ungewöhnlich sondern vor allem beeindruckend. Er arbeitet nicht nur mit fließenden Übergängen, die man erst versteht nachdem man schon lange in der nächsten Szene ist, sondern auch mit Match-Cuts, die jeden Sprung zwischen den beiden Zeitebenen sinnvoll machen. Dadurch bringt er einem auch die Gefühle von Marcy herüber: Die Unsicherheit, die Verwirrung und vor allem die Angst schlägt sich auf den Zuschauer nieder. Der Film ist stellenweise nervenzerrreisend spannend, ohne dass allzu viel passiert. Er arbeitet mit Einstellungen die Marcy einrahmen und ihre Einengung und Einsamkeit widerspiegeln, so dass man mit der Hauptperson mitleidet. Die ruhigen durchdachten Einstellungen sind perfekt für die Handlung des Films gewählt. Mit Olsen hat der Film außerdem eine perfekte Besetzung. Die jüngere Schwester der (leider bekannteren) Olsen Zwillinge, ist die große Entdeckung des Films. Ihre Darstellung zeugt von einer besonderen Reife und hätte durchaus bei der Oscar-Verleihung ein Wörtchen mitreden können.

Das einzige das man dem Film vorwerfen kann, ist das der Schluss den Zuschauer etwas unzufrieden zurück lässt. Je nach Geschmack, wird dieser nicht jedem gefallen – wobei man es bei einem Film dieser Machart wohl kaum allen recht machen kann. Doch selbst wenn einem der Schluss nicht zusagt, muss man zugeben, dass das Ende es schafft die Gefühlslage des Film auch noch lange über den Abspann hinaus aufrecht zu halten. Es ist eine weitere Qualität die Sean Durkins fesselnder Film besitzt. „Martha Marcy May Marlene“ bietet  mit seiner ungewöhnlichen Geschichte der hervorragenden Filmweise und den Darstellern ein Filmerlebnis, dass man nur selten sieht. Eines der absoluten Highlights des bisherigen Jahres.

Wertung 10/10

 


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