Review – Man of Steel

20 06 2013

Bombastische Zerstörungsorgie mit einer Geschichte, die vorgibt mehr zu sein als sie ist

Fast 20 Jahre dauerte es bis auf die naive bis trashige Superman-Filmserie(1978-1987) im Jahr 2006 ein neuer Film („Superman Returns“) folgte. Dadurch, dass dieser nur mittelmäßig ankam, und dem Genre erzählerisch wie optisch absolut nichts Neues bieten konnte, dauerte es für eine Rundumerneuerung des Supermannes nur wenige Jahre. Mit Zack Snyder hat einer der visuell interessantesten Regisseure das Kommando übernommen, und mit Autor David S. Goyer und Produzent  Christopher Nolan hat man auch gleich versucht (zumindest auf dem Papier) den Erfolg der neuen Batman Filme mit ins Boot zu holen. Selbst wenn offen bleibt an wen der drei es liegt: „Man of Steel“ geht sowohl erzählerisch (der Film als sehr viel science-fiction-lastiger als alle Vorgänger) als auch vom Unterhaltungswert völlig neue Wege. Doch auch wenn der Film vorgibt ein Psychogramm des bekanntesten Superheldens der Welt abzugeben, erkennt man schnell, dass das Gewicht des Films  darauf liegt, eine nie gesehene Zerstörungsorgie zu zeigen.

Erlöser für eine neue Generation – Superman fliegt wieder

Um seinen Sohn Kal-El vor dem Untergang Kryptons und dem Kryptonier General Zod (Michael Shannon) zu retten, schickt Jor-El (Russel Crowe) seinen Sohn auf die Erde, wo dieser von Fami
lie Kent als Mensch aufgezogen wird. Aus Angst vor den Konsequenzen verhält sich Clark Kent trotz seiner immensen Kräfte wie ein normaler Mensch. Dennoch kommt ihm die Reporterin Lois Lane (Amy Adams) auf die Spur. Als General
Superman wurde schon des häufigeren als strahlende Erlöserfigur stilisiert. Parallelen zu Jesus sind in der Bildsprache des Übermenschen zahlreich vorhanden. Auch in „Man of Steel“ wird der Charakter nicht nur visuell als der Retter der Erde gezeichnet, sondern auch in den zahlreichen Mono- und Dialogen seiner beiden Väter. Die Aufgabe von Superman, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten um sein wahres Ich zu zeigen und die Menschheit „anzuführen“ ist ein zentrales Thema des Films. Doch die Story um Superman und seiner Bestimmung wird im Grunde nur als Scheingeschichte für einen großen Actionfilm genutzt. Der Film versucht Bedeutung in den oftmals als eher langweilig erachtet „Superman“ zu legen, und arbeitet mit Vater-und-Sohn-Thematik, Identitätsfragen und Menschlichkeit, doch das alles wird so schwach im Drehbuch umgesetzt, dass man es  notfalls auch ignorieren könnte. Die Grundstory von „Man of Steel“ hat das Potential auch fernab der Action zu überzeugen, doch alle Ideen und Konzepte werden zu schnell durch lange und vor allem plötzliche Expositionen vorgetragen, so dass keine wirkliche Spannung aufgebaut wird und Interesse aufkommen kann. Zod die Erde bedroht und verlangt, dass Kal-El sich ergeben soll, muss dieser als Superman  zum ersten Mal der Menschheit seine Kräfte demonstrieren. Ein Kampf zwischen Zod und Superman entsteht bei dem die komplette Menschheit bedroht wird.

Ein Großteil der Handlung wird von einzelnen Personen referiert und vorangebracht, wodurch sich weder die Geschichte, noch die zentralen Charaktere wirklich selbst entwickeln. Deshalb bleiben einige  Hauptfiguren während des Film blass: Bei Superman liegt das auch an Darsteller Henry Cavill der den Helden eher zurückhaltend verkörpert. Bei der wunderbaren Amy Adams liegt es wohl eher daran, dass Lois Lane in diesem Film eben nur ein irdischer Kontaktpunkt für Superman ist und  – wie alle Frauen in dem Film – nur selten aktiv wird, und General Zod ist als ein klassischer Bösewicht (dem es auch nicht an Präsenz fehlt) gezeichnet,  dessen Motive zwar genannt werden aber dadurch nicht unbedingt interessant werden. Sehr viel besser sind da schon die beiden Vaterfiguren, die mit Russell Crowe und Kevin Costner die nötige Ausstrahlung erhalten, um die Relevanz dieser beiden heraus zu stellen.
Snyder hat wahrscheinlich bewusst vermieden, an den Film mit einer traditionellen „Originstory“ heranzugehen, da diese vor allem von Fans eher als träge bewertet werden. Doch dieser Ansatz hätte der Geschichte, die Snyder erzählen will, definitiv mehr Gewichtung gegeben. Zu sehen wie Clark aufwächst und sich – chronologisch – mit der Menschheit und seiner Umwelt auseinander setzen muss, bevor er als Übermensch und später als Superman in Aktion tritt hätte eine ganz andere Wirkung auf die Geschichte gehabt. In „Man of Steel“ wird dieses Thema nebenbei abgearbeitet, so dass sich die Story des Films im Grunde auf einen zentralen Teil beschränken lässt: General Zod und seine Armee kommt auf die Erde um sich an Superman zu rächen. Das ist alles. Der Film legt nicht Wert darauf diesen Konflikt mit Dialogen, sondern mit Action zu demonstrieren. Genau hier liefert „Man of Steel“ etwas Großes, dass es auf diese Art selten im Kino gab. Die zweite Hälfte des Films ist eine Zerstörungsorgie, die jedem, der auch nur annähernd Interesse an Materialschlachten hat, begeistern wird (auch wenn man keinen Moment darüber nachdenken sollte, wie viele Menschen Superman währenddessen aus Versehen umbringt). So ziemlich alles was auf der Leinwand zu sehen ist, wird von mehreren Kryptoniern in Schutt und Asche gelegt. Es ist genau der Reiz und die Qualität des Films, dass die übertriebenen Kräfte von Zod, Kal-El und dem Rest nicht nur angedeutet sondern gezeigt und vor allem zelebriert werden.  Trotz der angesprochenen Schwächen in der Handlung zeigt der Film, dass er in der Lage ist auch eine emotionale Qualität herüber zu bringen.  Dazu wummert die hervorragende Musik von Zimmer, der sowohl die Bösartigkeit von Zod als auch den Triumph, der Superman nun mal in sich trägt, in seine musikalischen Themen verpackt. Die gezeigte Vernichtung ganzer Städte ist nicht umsonst etwas abfällig schon mit „destruction porn“ gebrandmarkt worden, doch im Vergleich zu Werken wie „Transformers“, die das ganz offen zur Schau stellen (und dabei fast schon langweilig sind) legt Zack Snyder  – nicht nur in der Masse der Zerstörung, sondern auch in der Qualität –  nochmal einen drauf.  Allein der Kampf zwischen Superman und Zods rechter Hand Feora ist eine der besten und beeindruckendsten Actionszenen der letzten Jahre und es wird in naher Zukunft sicherlich die ein oder andere Nerddebatte aufkommen, ob nun die finale Schlacht aus „Avengers“ oder doch die Verwüstung in Superman besser ist.

Snyders „Man of Steel“ ist was die Action betrifft auf eine völlig neue Ebene vorgestoßen, mit der die zahlreichen soliden Comicverfilmungen (auch durch die Einschränkung ihrer Superkräfte) nicht annähernd mithalten können. Es wird spannend zu sehen, wie eine Fortsetzung, in der mit 99%iger Wahrscheinlichkeit ein Mensch (Lex Luthor) der Bösewicht sein wird diese Serie weiter führt. Möglicherweise werden dann ja der Hauptcharakter und sein Umfeld mehr in den Mittelpunkt gerückt. Im Moment bleibt Superman als Person relativ uninteressant – als Actionvehikel jedoch ein absolutes Highlight.

Wertung 7/10


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Eine Antwort

26 06 2013
JAB

Hallo,
danke an den Verfasser dieser Kritik. Sie spricht mir aus der Seele und ich hätte schon gedacht, dass ich im Notfall selbst solch eine schreiben müsste.
Ich habe den Film mit zwei Sternen hier bewertet, also als arm. Vielleicht würde ich nach der ersten Enttäuschung einen Durchschnitt daraus machen aber mehr geht wirklich.
Ich habe mir gestern den Film in der OV angeguckt und von Beginn an hat mich die Erzählstruktur irritiert. Obwohl ich grundsätzlich kein Superman-Fan bin, habe ich mir mit großer Vorfreude den Platz im Kino ausgesucht.
Gegen Ende war ich bereit den Saal vorzeitig zu verlassen. Allein am Ende die Prügelei der Außerirdischen, viel zu viel Zerstörung, viel zu viel Pathos. Einfach von allem zu viel! Aber so ist wohl halt, wenn zwei aus einer anderen Welt auf der Erde ihre Kräfte messen. Das kann einem schon das Genick brechen ;o).
Am Hauptdarsteller liegt es auf keinen Fall. Er füllt die Rolle gut aus und auch die Zurückhaltung passt sehr gut und diese Verhaltensweise kann der Film gut erklären und transportieren. Ich bin einfach ein Fan von Henry Cavill und fand ihn schon in „Krieg der Götter“ („Immortal“) super.
Vielleicht lag es an der OV, dass ich als Deutscher mit ordentlichen Englischkenntnissen nicht die Idee/Technik verstand, mit der die Erde erobert werden sollte und wie die Eroberer Dank Lois wieder von der Erde verbannt werden konnten.
Die Jesus-Parallelen sind mir ebenfalls aufgefallen. Besonders in der Szene als Clark anmerkt, dass er nach 32 Jahren endlich seinem leiblichen Vater/ Schöpfer gegenüber treten konnte.
Da würde mich interessieren, ob bereits in den Comics und bei der Erfindung der Figur des Superman Vergleiche zu Jesus gezogen wurden oder ob es nur eine zusätzliche Idee der Drehbuchautoren war.
Mich hat ebenfalls überrascht, dass diese Zerstörungsorgie ohne tote Zivilisten auskommt. Zumindest werden keine gezeigt. Dieser Film kommt überraschend unblutig daher, ist aber wohl dem Anspruch eine FSK 0 erhalten zu haben geschuldet. Vermutliche eine gute Strategie der Produzenten um möglichst viele (Kino-) Zuschauer zu erreichen.
Fazit: Einige gute Szenen, Handlung zu verdreht, Action übertrieben, zu viele Charaktere. Eine Enttäuschung.

Grüße JAB

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