Verblendung

30 01 2012

Stilsicheres Remake des erfolgreichen Thrillers

Natürlich wird man den Film „Verblendung“ von 2011 nicht von der Vorlage und insbesondere nicht von der ersten Verfilmung (2009) trennen können. Remakes sind von der „elitären“ Gruppe der Filmgänger viel zu verhasst, als das man einfach darüber hinwegsehen könnte, dass der Film schon einmal gedreht wurde. Eines sollte man dabei allerdings nicht vergessen. Der exzellente Regisseur David Fincher hat bei seiner Version eine völlig andere Herangehensweise an den Film. Sein Film ist aufwändiger und teurer als die schwedische Fernsehversion. Dies sieht man den Film auch sofort an: Inszenatorisch kann man dem starken Film wenig vorwerfen, fraglich bleibt, ob man sich nochmal für die Geschichte interessieren kann.

Mikael Blomkvist (Daniel Craig), Journalist bei einem Politikmagazin, hat sich bei seiner letzten Recherche etwas verzettelt und steht vor beruflichen Problemen. Mehr aus der Not heraus, nimmt er den Auftrag des Großindustriellen Wanger an, der seit mehr als 40 Jahren seine Enkelin Harriet vermisst. Blomkvist soll ihr Verschwinden aufklären und muss sich dabei mit der Familie von Wanger auseinander setzen. Hilfe bekommt er dabei von der Hackerin Lisbeth Salander(oscarnominiert:Rooney Mara), die intelligent und selbstbewusst ist, jedoch als sozialer Außenseiter die Qualen ihres gesetzlichen Betreuers erleiden muss. Zusammen decken die beiden einen Fall auf, der menschliche Abgründe offenbart.

Nicht wenige sehen im Originalfilm von 2009 die perfekte Verfilmung des Bestsellers, die ein Remake gar nicht nötig hat. Unabhängig von finanziellen Aspekten (die in Hollywood sowieso immer das Wichtigste sind), hat die US-Version dem schwedischen Film jedoch einiges voraus. Das Original war eine Fernsehproduktion auf höchstem Niveau. Das Remake schafft es jedoch, unter der Leitung eines der besten Regisseure der Gegenwart, die Geschichte noch spektakulärer zu erzählen. Der Film ist zehnmal so teuer und deswegen auch sehr viel durchgestylter. Die hämmernde Musik von Reznor und Ross (Oscar für „Social Network“) geben den Rhythmus für die düstere Geschichte vor, die durch starke visuelle Gestaltung besticht. Fincher hat schon lange ein Faible für düstere Erzählweisen, und sein Stil passt ideal zu der Geschichte von Stieg Larsson. Handwerklich ist der Film, ganz objektiv betrachtet, besser, wenn auch manipulativer, geraten als die schwedische Version. Die Leistung der Darsteller steht kaum hinter denen des Originals zurück und die Inszenierung zieht den Zuschauer noch stärker in die Geschichte. Diese ist bekanntermaßen stark genug um jeden Thriller-Fan zu fesseln. Die komplexen Charaktere, die Tiefe der Geschichte und vor allem eine der stärksten Frauenfiguren der letzten Jahre halten die Spannung, selbst wenn das Drehbuch an einigen Stellen mit gewohnter Dramaturgie bricht und dadurch gerade am Ende etwas an Qualität verliert. Unter einem fähigen Regisseur  – und das ist Fincher definitiv – kann eine Geschichte wie die von Stieg Larsson kaum einen schlechten Film abgeben. Wirklich störend (zumindest in der englischen Version) sind die Akzente die einige Charaktere verwenden und die für den Zuschauer nicht den geringsten Sinn ergeben.

In einigen Jahren wird „Verblendung“ von 2011 DIE Verfilmung des gleichnamigen Buches sein, vor allem für jeden, der zum ersten Mal mit der Geschichte in Berührung kommen. Andere (wie ich) werden ebenfalls einiges aus dem Film ziehen können, doch es wird schwerer sich mitreißen zu lassen. Nach der Lektüre der Buchtrilogie, der schwedischen Kinofassung sowie der Fernsehversion hat man möglicherweise die Geschichte schon so oft durchgekaut, dass eine erneute Erzählung nicht ganz begeistern kann. Die einzelnen Handlungselemte und die Facetten der Personen sind dann einfach zu bekannt. Allein deshalb ist es, bei aller Qualität des Films, schwer objektiv zu bleiben. Empfehlenswert bleibt der Film dennoch.
Wertung 8/10


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